Bereits zum 25. Mal führte die Fachgruppe 11 „Gleisbau“ des BILDUNGSWERK VDV dieses im März stattfindende Seminar durch (Abb.1). Auch zum silbernen Jubiläum war das Interesse am Seminarprogramm mit acht Vorträgen, einer Podiumsdiskussion und zwei Exkursionen rund um Planung, Bau und Vermessung wieder sehr groß. Das Thema der Podiumsdiskussion „Arbeitssicherheit und Vermessungsarbeiten im Gleis“ wurde, wie 2024 angekündigt, fortgesetzt. Die zum neunten Mal genutzte Tagungsstätte Berliner Hochschule für Technik (BHT) hat sich erneut bewährt. Teilgenommen haben insgesamt 300 Fachleute, mit dieser Teilnehmerzahl ist jetzt die Obergrenze erreicht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus verschiedenen Vermessungs- und Ingenieurbüros, von der DB, von Baubetrieben sowie weiteren Firmen und Einrichtungen. Sie folgten aufmerksam den Vorträgen (Abb. 2) und beteiligten sich rege an den Diskussionen im Anschluss an die Referate. Ein Ausstellungsbereich im Foyer (Abb.3) ergänzte das Seminarprogramm und regte zum fachlichen Disput mit den acht ausstellenden Unternehmen an.
Strukturiert war das Seminar in bewährter Weise in fünf Sessionen:
- AVANI
- Eisenbahn Groß und Klein
- Nahverkehrsprojekte
- Geodätische arbeiten für die Erneuerung von Bauwerken und Gleisanlagen
- Bestandserfassung von Infrastruktur
Inhaltlich hatten die Vorträge eine unterschiedliche Gewichtung innerhalb des Seminarprogramms.
Außerdem wurden zwei Exkursionen am Freitagnachmittag angeboten:
- Parkeisenbahn in der Berliner Wuhlheide
- AEG-Tunnel, Deutschlands erster U-Bahn-Tunnel (1897)
Der Wissensaustausch wurde am Abend in sehr angenehmer Atmosphäre, durch einen Jazz-Pianisten musikalisch umrahmt, in der Beuth-Halle auf dem BHT-Campus fortgesetzt. Rund 65% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer nutzten den Branchentreff als Möglichkeit zum zwanglosen Erfahrungsaustausch und zum Knüpfen neuer Kontakte mit Fachkolleginnen und Fachkollegen.
Neu in diesem Jahr war die Nutzung der slido-App für Fragen zu den Vorträgen und für das Feedback. Dadurch konnten Fragen bzw. Kommentare bereits während der Vorträge eingegeben werden. Matthias Meinck fasst diese zusammen und stellte die Fragen an den bzw. die Referenten. Dabei bewährte sich, dass jetzt 10 min. (statt 5 min.) für die Diskussion eingeplant waren.
Am Freitagmorgen erfolgte zuerst die Begrüßung, verbunden mit Hinweisen zur Organisation und zum Ablauf. Anschließend überbrachte Markus Schäfer (stellv. Vorstandsvorsitzender vom BILDUNGSWERK VDV e. V.) ein Grußwort zum Jubiläum mit einem Rückblick auf 25 Jahre Gleisbauseminar.
Session 1
Gestartet wurde das Fachprogramm mit einem Doppelvortrag „Geodatenmanagement im Umfeld von AVANI – Der universelle Datenaustausch“ durch Alexander Nagel und Jörg Giebel (beide DB InfraGO AG). Im ersten Teil stellte Alexander Nagel kurz das Geosystem AVANI vor, mit dem die Bahn-Geodaten der DB InfraGO AG als eine räumliche Dokumentation des Anlagenbestands vorgehalten werden. Aus AVANI (Analyse, Verwaltung und Abgabe der DB InfraGO.GeoInformationen) können verschiedene Produkte generiert werden, außerdem dient dieses raumbezogene System als „Drehscheibe“ zu staatlichen Stellen (BKG, Innenministerien und weitere Behörden). Solch ein Geodatensystem muss permanent laufendgehalten werden, damit aktuelle Daten verfügbar sind. Das Geodatenmanagement erfolgt mit dem GAT (GeoAnalyseTool), wichtigste Bestandteile sind der Datenbank Server und der Application Server mit den Quelldaten, dem User Frontend, der Automation für Daten- sowie Produkterstellung und den erforderlichen Schnittstellen. Herzstück der Anwendungen sind der FME-Server, mit dem der Datenex- und -import umgesetzt wird. Der Datenaustausch erfolgt dabei bidirektional. Eine externe Datenpflege außerhalb des Systems mit entsprechenden Tools ist somit möglich. Das Einpflegen der aktualisierten Daten erfordert Prüfprozesse, um die Datenkonsistenz im AVANI zu gewährleisten. Eine erste Anwendung für den bidirektionalen Datenaustausch wurde bei der Generalsanierung der Riedbahn pilotiert. Die erforderliche Datenabgabe erfolgte im Januar 2025, die Daten wurden mit den Ergebnissen aus der fahrzeuggestützten Erfassung (Multisensorsystem) verschnitten und werden im zweiten Quartal 2025 in das System zurückgeführt. Die Datenmigration wird mit einem hohen Grad an Automation umgesetzt. Dazu sind aber noch praktische Klärungen nötig, z. B. für die Übernahme der aufgemessenen LWL-Kabel. Es sind in diesem Jahr noch etliche weitere praktische Fragen abzustimmen, um eine automatische Übernahme zu gewährleisten. Ein Mehrwert des Verfahrens besteht darin, dass Aufwand und Komplexität der Datenaufnahme (z. B. durch Messfahrten) gesenkt werden. Künftig soll es einfacher sein, ganze Bereiche automatisiert aufzunehmen und die Auswertung über Bilderkennung und KI vorzunehmen. Damit kann der zeitliche Aufwand für den Außendienst spürbar gesenkt werden.
Session 2
Nach der ersten Pause folgten zwei weitere Vorträge, die dem Thema „Eisenbahn Groß und Klein“ gewidmet waren.
Zuerst hielt Robert Abfalterer (Brenner Basistunnel SE) seinen Vortrag „Großprojekt Brenner Basistunnel“. Er stellte eingangs das Projekt BBT im Kontext der europäischen Eisenbahnkorridore vor (Abb. 4). Die neue Alpenquerung durch den Brenner (Achse München – Verona) wird gemeinsam von Österreich, Italien und der Europäischen Union realisiert. Das Herzstück ist der Brenner Basistunnel von Innsbruck nach Franzensfeste. Ein erstes Teilstück ging bereits 1994 mit dem 12 km Inntaltunnel ab Tulfes in Betrieb und dient der Umfahrung von Innsbruck.
Die Vorbereitung dieses Großprojekts zwischen Österreich und Italien war eine besondere Herausforderung, galt es doch, alles zweisprachig vorzubereiten und abzustimmen. Das umfasste auch die Klärung verschiedener technischer Fragen (Betriebsführung, Bahnstromversorgung, Links- oder Rechtfahrbetrieb u. a. m.). Ursache sind die unterschiedlichen Verfahrensweisen im Bahnbetrieb der beiden Länder. Die erste Baumaßnahme war ein Erkundungsstollen (Durchmesser 6 m), um genauere Daten über die Geologie zu erhalten. Ende 2025 wird dieser fertiggestellt sein und anschließend der Entwässerung dienen. Die Herstellung der beiden Hauptöhren erfolgt jeweils zur Hälfte im Sprengvortrieb bzw. im kontinuierlichen Vortrieb mit Tunnelbohrmaschinen (TBM). Einige Baulose waren besondere Herausforderungen, dazu zählt z. B. die Querung der Sillschlucht südlich von Innsbruck. Für die Vermessungsarbeiten wurde ein grenzüberschreitendes Bezugssystem definiert (Lage: BBT_TM-WGS84 mit dem Bezugsmeridian von 11° 31‘ Nord / Höhe: UELN, Pegel Amsterdam). Die mittlere Projekthöhe liegt bei 720 m, der Maßstabsfaktor beträgt 1,000121. Beispiel für einen erreichten Durchschlagsfehler: Von Mauls bis zum Brenner (17,9 km) - quer 70 mm und in der Höhe 8 mm!
Der Bau ist in vollem Gange, aktuell werden auf österreichischer Seite die beiden Röhren in Richtung Innsbruck vom Zwischenangriff in Steinach am Brenner mit TBM aufgefahren. Von insgesamt 230 km Tunnelröhren sind bereits 191 km im Rohbau fertiggestellt. Die Inbetriebnahme wird für 2032 angestrebt. Dann ist die 64 km lange zweiröhrige Querung die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt. Bisher hält diesen Rekord der Gotthard Basistunnel (57 km).
Im zweiten Vortrag von Session 2 stellte Wolfgang Dörr (ehem. Dresdner Verkehrsbetriebe AG) das Thema „Parkeisenbahnen in Deutschland – Technische und rechtliche Aspekte“ vor. Am Beginn betonte er, dass Parkeisenbahnen (PE) technisch gesehen Eisenbahnen sind. In einem historischen Exkurs zeigte er die Entwicklung der Eisenbahn im Allgemeinen bis hin zu den PE. Erste Bahnen dieser Art gab in es Deutschland bald nach dem 2.Weltkrieg (Essen und Stuttgart bzw. Dresden und Berlin), von temporären Ausstellungsbahnen vor 1945 abgesehen. Heute findet man 64 Bahnen in Deutschland, die meist saisonal in Betrieb sind. So unterschiedlich wie die Bezeichnungen, Spurweiten (zwischen 315 und 600 mm) und Zugänglichkeiten sind auch die Charaktere (meist dienen sie als Vergnügungsbahnen, befriedigen aber auch öffentliche Verkehrsbedürfnisse). Im Weiteren ging er auf bauliche Unterschiede zu den „großen“ Eisenbahnen sowie die Organisationsformen ein. Die technische Aufsicht nimmt der jeweilige Landesbevollmächtigte für Bahnaufsicht (beim EBA) wahr, z. T. ist es aber auch das Gewerbeaufsichtsamt, das Regierungspräsidium oder eine andere Landesbehörde. In der Folge wurde auf die Betriebsabwicklung und den Fahrzeugpark eingegangen. Im Osten Deutschlands ist nach wie vor die „Bau- und Betriebsordnung für Pioniereisenbahnen (BOP)", inzwischen in Landesrecht überführt, gültig. Anhand von Fotos zeigte der Referent verschiedene Beispiele für die Umsetzung technischer Regelwerke (z. B. bei den Bahnsteighöhen, um Barrierefreiheit zu gewährleisten). Weitere Aufnahmen stellten eine Auswahl der verschiedenen Triebfahrzeuge vor. Der Vortrag enthielt viele umfangreiche weitere Details zu den PE, die hier aus Platzgründen nicht alle erwähnt werden können.
Insgesamt war es ein sehr spannendes Thema, das vielen Fachleuten vermutlich wenig oder nicht geläufig war. Abschließend konnte eine Exkursionsgruppe am Freitagnachmittag die mit 7,3 km längste PE Deutschlands in der Berliner Wuhlheide selbst in Augenschein nehmen.
Session 3
Nach der Mittagspause folgt ein weiterer Vortrag; einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer starteten zu den Exkursionen.
Stephan Schanzenbach (Hamburger Hochbahn AG) erläuterte in seinem Beitrag „Projekt U3 Innenstadt“ (Sanierung des Streckenabschnittes zwischen den Haltestellen Rödingsmarkt und Mönckebergstraße), wie ein kompliziertes innerstädtisches Bauvorhaben bei guter Vorbereitung funktioniert. Die Herausforderungen für die komplexe Sanierung des vor über 100 Jahren erbauten Streckenabschnitts waren vielfältig. Neben den Bahnsteigen und Schalterhallen mussten auch alle Gleise und signaltechnischen Anlagen von Grund auf erneuert werden. Da ein Teilabschnitt eine Viaduktstrecke ist, waren sowohl an den dortigen Bahnhöfen als auch an den Viadukten Korrosionsschutzarbeiten notwendig. Ein besonderer Abschnitt war die Neuherstellung des Trogs im Mönckedammfleet für den Übergang der Viadukt- zur Tunnelstrecke. Die vier Bauwerke der Tunnelstrecke komplett zu sanieren und vor allem abzudichten (hoher Grundwasserstand). Letztlich waren alle Bahnsteige barrierefrei auszuführen, bisher gab es nur in Teilabschnitten einen höheren, niveaufreien Bahnsteig. Besondere Herausforderungen waren die beengten Verhältnisse durch das „Bauen im Bestand“ und die Beachtung des Denkmalschutzes. Eine gute Lösung wurde für die Aufzüge in der Mönckebergstraße gefunden, diese sind transparent gestaltet und fallen somit an der Oberfläche kaum auf. All‘ das stellte nicht nur an die Vermessungsarbeiten, sondern auch an die Baustellenlogistik sehr hohe Anforderungen. Letztlich konnte die komplexe Sanierung nur unter Vollsperrung erfolgen
Ergänzend zum Vortragsprogramm wurden zwei Exkursionen angeboten. Eine führte unter Leitung von Bernd Haselow zum AEG-Tunnel in die Voltastraße. Eine zweite Exkursion hatte unter Leitung von Robert Rausch die Berliner Parkeisenbahn zum Ziel.
AEG-Tunnel (Führung durch den Verein „Berliner Unterwelten e.V.“)
Diese Gruppe begab sich in die Voltastraße, wo eine engagierte Vertreterin des Vereins „Berliner Unterwelten e. V.“ die Führung durch den AEG-Tunnel übernahm. Dieses historische Bauwerk kann durch das Engagement des o. g. Vereins unter geschichtlich fachkundiger Leitung begangen und besichtigt werden.
Ende des 19. Jhdt. erkannte Emil Rathenau die Elektrizität als Zukunftschance und erwarb
neben den Edison-Patenten ein Gelände südlich des Humboldthain, welches durch eine frühere
Nutzung sogar einen Gleisanschluss besaß.
Mit Hilfe der beiden namhaften Architekten F. Schwechten und P. Behrens entstanden
moderne Hallen zur Produktion von Großmaschinen mit dem Ziel für wachsende Städte die
Elektrifizierung und neue Verkehrsmittel zu entwickeln.
Mit elektrisch angetriebenen Zügen verband der 295 m lange Tunnel die neuen Fabrikhallen
mit einer Apparatefabrik an der Ackerstraße und beförderte ab 31. April 1897 Arbeiter und
Material in der „Unterirdischen Röhrenbahn“. Die Teilnehmer waren begeistert (Abb. 6), wegen der starken Nachfrage wird diese Exkursion evtl. 2026 ein zweites Mal ins Programm genommen werden.
Parkeisenbahn
Am Hauptbahnhof der Parkeisenbahn erwartete die Teilnehmer die abfahrbereite Schmalspur-Diesellok „Gunther“ vom Typ V10C mit zwei gut beheizten Wagen für die Fahrt zum Betriebswerk. Dort wurde an vier Stationen sehr anschaulich über die Geschichte der Parkeisenbahn, den Bahnbetrieb sowie die Instandhaltung der Gleise, Weichen und des Fuhrparks unterrichtet. Am mechanischen Stellwerk mit Schlüsselwerk, das inzwischen mit weiteren Bauteilen in Technik GS II erweitert wurde, konnte die Sicherungslogik im wahrsten Sinne begriffen werden. In der Wagenhalle war neben der umfangreichen Ausstattung mit Werkzeugmaschinen vor allem eine demontierte Feldbahndampflok von 1918 zu bestaunen, die gerade einer Hauptuntersuchung unterzogen wird.
Begeisterte Teilnehmer (Abb. 7) anerkannten das außerordentliche ehrenamtliche Engagement der Angehörigen der „BPE Berliner Parkeisenbahn - gemeinnützige Gesellschaft mbH“ und stellten teilweise mit Erstaunen fest, dass der Bahnbetrieb der „kleinen“ Bahn alle Aspekte eines regulären Eisenbahnverkehrs aufweist!
Nach der Kaffeepause folgte für die mehrheitlich in der BHT verbliebenen Teilnehmenden die Podiumsdiskussion „Arbeitssicherheit und Vermessungsarbeiten im Gleis“ als Fortsetzung von 2024. Moderiert wurde die Diskussion wiederum von Rainer Kretzschmar, der am Anfang einen kurzen Rückblick auf die Veränderungen seit dem letzten Jahr gab. Dabei stellte er klar, dass eine positive Entwicklung lediglich im Bereich der Aufnahme von Vermessungsdaten, durch den Einsatz moderner Erfassungsmethoden und somit ohne bzw. stark reduziertem Anteil der örtlichen Arbeiten, erkennbar ist.
Das Podium war mit Matthias Bauer und Peter Krausche kompetent besetzt (Abb. 7). Matthias Bauer ist Mitarbeiter der DB InfraGO AG, der im Regionalbereich Süd die Koordination der Sicherungsleistungen bei Vermessungsarbeiten im Gleisbereich für externe Dienstleister als auch für die bahneigenen Vermessungsfachleute verantwortet. Der zweite Diskussionspartner, Peter Krausche, ist bei der Berufsgenossenschaft Bau (BG Bau) im Referat für Arbeit und Sicherungsmaßnahmen im Bereich von Gleisen tätig.
Zum Einstieg in die Diskussion schilderte Herr Bauer, früher selbst als Fahrdienstleiter tätig, die Abläufe und Probleme im Zusammenhang mit der Vergabe und Koordination der Sicherungsleitungen im Regionalbereich Süd. So hat sich nach seinem Empfinden die Zusammenarbeit mit den für den Bahnbetrieb verantwortlichen Stellen verbessert. Für die Kontrolle der Umsetzung der Sicherungsmaßnahmen wurde zusätzlich ein eigener Sicherungsüberwacher eingestellt.
Aus Sicht von Peter Krausche herrscht eine mangelhafte Sicherungskultur, welche die BG Bau bei örtlichen Kontrollen immer wieder feststellt. Hierbei gibt es Versäumnisse sowohl bei den „für den Bahnbetrieb zuständigen Stellen (BzS)“, z.B. durch falsch festgelegte Sicherungsformen, als auch bei den Sicherungsunternehmen, der Sicherungsüberwachung und den bauausführenden Unternehmen. Er forderte beim Einreichen der Sicherungspläne mehr Abstimmung zwischen der zuständigen BzS und den Ausführenden u.a. durch eine eindeutige Beschreibung der vorgesehenen Arbeiten.
In der anschließenden Diskussion wurde, wie schon im Jahr zuvor, mehrfach darauf hingewiesen, dass seitens der DB AG die Vergabe an den billigsten Bieter bei den Sicherungsfirmen, dringend geändert werden müsste.
Zum Abschluss fasste Rainer Kretzschmar noch einmal die wichtigsten Punkte der Diskussion zusammen. Anhand der bestehenden Dokumentation zur Beschreibung der Vermessungsarbeiten des RB Süd sollen allgemein gültige Handlungsanweisungen erstellt werden, die dann gemeinsam mit Peter Krausche bei zukünftigen Überarbeitungen der UVV-Vorschriften zu berücksichtigen sind. Außerdem wurde ein gemeinsamer Termin der Fachausschüsse Gleisbau vom VDV und Geodäsie und Geoinformatik vom VDEI vereinbart, um die weitere Vorgehensweise abzustimmen und einen Handlungsvorschlag an die Leiter der Abteilung Ingenieurvermessung der sieben Regionalbereiche der DB InfraGO AG zu erarbeiten.
Der zweite Seminartag begann mit der Begrüßung und einer kurzen Erläuterung des Ablaufs bis zum Seminarende am frühen Nachmittag.
Session 4
Als erste Vortragende erläuterten Albrecht Vaatz (DB BahnbauGruppe) und Georgios Malissiovas (DB InfraGO AG), welchen Entwicklungsstand die 360°-Multisensorplattform (MSP) aufweist. Ihr Beitrag „360°-Multisensorplattform – Einblick in die Praxis der gleisgebundenen Messdatensammlung“ war der praktischen Anwendung dieses Systems gewidmet. Die 360°- Multisensorplattform ist ein Kooperationsprojekt von DB BahnBau Gruppe und DB Engineering & Consulting. Trägerfahrzeug ist ein EM-SAT 120 (Plasser&Theurer) der DB BahnBau Gruppe, auf dem die MSP und das Georadar montiert sind. Eine erste Vorstellung dieser seit 2022 zertifizierten Technologie erfolgte durch René Dumitsch (DB Engineering & Consulting GmbH) beim Online-Seminar „Gleisbau 2021“. 2025 stand die praktische Anwendung im Mittelpunkt. Mit dem System ist eine gleisgebundene Vermessung und Bestandserfassung zur Digitalisierung der Eisenbahninfrastruktur mit einer Arbeitsgeschwindigkeit von bis zu 80 km/h möglich. Dadurch ist eine schnelle und präzise Erfassung der Gleisinfrastruktur in hoher Qualität bei minimaler Beeinträchtigung des Bahnbetriebs gegeben. Das Konzept beinhaltet als Komplett-Paket die Erfassung, Auswertung und Bereitstellung der Daten für den Auftraggeber. Was liegt als Ergebnis vor:
- Eine georeferenzierte Punktwolke (3D-Erfassung der Oberfläche)
- Hochauflösende Panoramabilder aus der 360°-Erfassung der Umgebung
- Blick in den Untergrund (Bodenscan mit dem Georadar)
Die Messdaten werden in der (BIM-)Praxis genutzt. Die Datenverarbeitung und -bereitstellung wird über die X2BIM-Plattform umgesetzt. Diese Plattform gestattet die Verarbeitung verschiedenster Rohdaten, neben denen der MSP auch aus „Drones2BIM“, terrestrischen Scans und „Video2BIM“. Dabei ist es mit X2BIM möglich, neben dem Postprocessing auch eine Objekterkennung, ein Blurring (z. B. gemäß DSGVO) sowie eine Datenveredlung vorzunehmen. Bisherige Anwendungsfälle bezogen sich auf Mobile-Mapping-Daten verschiedenster Genauigkeitsklassen, von virtuellen Streckenbegehungen über Vorplanungen bis hin zu Trassierungen u. a. m. Für die Vorbereitung müssen Targets an allen Gleisvermarkungspunkten dauerhaft montiert werden, um später eine Georeferenzierung vornehmen zu können. Im Weiteren wurden die einzelnen Schritte zur Prozessierung der Daten an Beispielen erläutert. Perspektivisch sind eine MSP-Cloudifizierung, KI-Anwendungen und eine Erweiterung der X2BIM-Funktionen geplant. Sicherlich wird in einigen Jahren darüber Interessantes zu berichten sein.
Mit dem Vortrag „Hilfsbrückeneinbau aus vermessungstechnischer Sicht am Beispiel der EÜ Ferdinandstor in Hamburg“ stand nachfolgend ein ingenieurgeodätisches Thema auf der Agenda. Sven Mattuschka (intermetric GmbH) stellte das Konzept und die einzelnen Arbeiten zur geodätischen Sicherstellung für den Einbau von temporären Brückenbauwerken vor. Als erstes wurde das Thema Hilfsbrücken aus bautechnischer Sicht näher beleuchtet. Dabei ging es um die Definition, die verschiedenen Bauarten und darum, wie die Brückenlager auszubilden sind. Für den Geodäten schon interessanter waren die verschiedenen vermessungstechnischen Aspekte. Zunächst spielt die Gleisgeometrie im Bereich der Brücke eine wichtige Rolle. Es folgte eine Erläuterung, was alles zu den Aufgaben der baubegleitenden Vermessung zählt. Schließlich wurden all‘ diese Fragestellungen am Beispiel der EÜ Ferdinandstor näher erläutert. Für die Berechnung der Gleisgeometrie ist zuerst eine Entwurfsvermessung notwendig, der die Planung folgt. Dafür sind verschiedene technische Angaben erforderlich, darunter die Festlegung der Stützweite, der Bauhöhe aber auch die Anlieferungsart per Schwertransport. Es folgt die gleisgeometrische Bearbeitung, der Einbau wird stets auf der Grundlage der Istgleislage druchgeführt. Dabei sind verschiedene geometrische Regelwerte zu beachten. Die Absteckungsarbeiten können nur unmittelbar vor dem Einbau in einer Sperrpause erfolgen und sind anspruchsvoll. Schließlich muss am Ende der Sperrzeit alles passen!
Session 5
Die beiden Vorträge der letzten Session waren der Bestandserfassung von Eisenbahninfrastruktur gewidmet.
Christoph Schütze (Siemens Mobility GmbH) stellte „Das richtige Know-How für die digitale Bestanderfassung von Eisenbahninfrastruktur“ vor. Er betrachtete das Thema vor allem aus der Sicht der Planung von Anlagen für die Leit- und Sicherungstechnik (LST). Dazu erläuterte er eingangs der Herausforderungen bei Infrastrukturprojekten „Von Planen, Projektieren & Testen über Bauen bis Betreiben“. Diese bestehen z. B. im Risiko der Fehlerfortpflanzung, den verschiedenen Schnittstelen und vor allem bei den Bestandsdaten (fehlerhaft oder nicht vorhanden). Digital Track Services sollten mit einem durchgehenden (digitalen) Datenmodell für alle Phasen, beginnend bei der Erfassung, dem Planen und Bauen sowie dem Betreiben einer Verkehrsanlage verfügbar sein. Was zählt alles dazu? Es umfasst Befahrungen, die Datenaufbereitung (KI-gestützte automatische Objekterkennung und georeferenzierte Pläne) und schließlich die Planung und Realisierung. Dafür erfolgt die (Nach-)-nutzung von Erfassungen mit GNSS, 360°-Multisensorsystemen, IMU (wo erforderlich) und verschiedene Scanverfahren. Die Datenaufbereitung mündet in die Bestandsmodellierung, mit der Grundlagen eines semantischen Objektmodells für die verschiedenen Bereiche von Eisenbahnen verfügbar sind. Fazit: Welche Herausforderungen bestehen bei der Bearbeitung? Inhalte und Anforderungen an Datenmodelle sind mit den verschiedenen Nutzern abzustimmen, es bestehen z. B. Herausforderungen technischer oder betrieblicher Art und es wird vor allem ein Team mit dem notwendigen Fachwissen im Bahnbereich benötigt.
Den abschließenden Vortrag von „Gleisbau 2025“ hielt Arik Noack (D4B Drones for BIM Infrastructure GmbH“. Sein Thema war „ABS Leipzig – Chemnitz │Drohnendaten für die Vermessung sinnvoll nutzen“. Zu Erfassen und zu bearbeiten war der 37 km lange Südabschnitt bis Chemnitz. Die zu erreichenden Ziele (Elektrifizierung, zweigleisiger Ausbau und Reisezeitverkürzung) wurden kurz beschrieben. Als Grundlage wurde ein BIM Bestandsmodell aus verschiedenen öffentlichen Quellen (DGM, Orthophotos, CityGML, Alkis aber auch Baugrunddaten u. a. m.) und aus DB internen Daten (z. B. Gleisnetzdaten, Punktwolken und DGM aus der Befliegung, Ivl-Pläne) erstellt. Eine besondere Herausforderung war die Modellierung großer Ingenieurbauwerke, wie z. B. des Göhrener Viadukts. Für die Modellierung der Viadukte wurden vor allem durch eine Befliegung mit Drohnen (horizontale und vertikale Flüge) verwendet, unterstützt durch historische Bestandspläne verwendet. Aus der Befliegungen des Göhrener Viadukts lagen z. B. ca. 10.000 Aufnahmen vor. Das umfassende Bestandsmodell dient dann für die modellgestützte Planung und die Modellierung verschiedener Ausbauvarianten bis hin zur Darstellung der Bauphasen und der Visualisierung. So konnten für das Göhrener Viadukt Simulationen zur Lage des 2. Gleises und zu den Standorten der Oberleitungsmasten durchgeführt werden. In Zweifelsfällen erfolgt dann eine präzise Vermessung vor Ort. Nebeneffekt war, dass die Befliegungsdaten z. B. auch als Unterstützung für die Sicherungsplanung genutzt werden konnten. Als Vergleich wurden im weiteren Verlauf der Ausführungen Planungsarbeiten für andere Projekte gezeigt, wo mit KI verschiedene Objekte erkannt wurden (z. B. Stahlgittermaste). Auch hier erfolgten Modellverbesserungen durch gezielte örtliche Aufmessung. Diese Technologie ist auch mit Blick auf die Podiumsdiskussion eine Möglichkeit, die örtliche Datenerfassung im Gefahrenbereich der Gleise zeitlich zu verringern.
Abschließende Einschätzung
Die digitalen Bewertungsbögen (in der slido-App) nutzten etwa 50% der Teilnehmer. Das Feedback ist für die Optimierung des Gleisbauseminars sehr wichtig und hilfreich. Sicherlich wird es im kommenden Jahr eine höhere Nutzeranzahl bei der digitalen Bewertung geben.
Den Abschluss bildete vor dem Fazit auch 2025 wieder die Tombola. Eine größere Anzahl wertvoller Preise, gestiftet von verschiedenen Firmen und Institutionen, konnte den glücklichen Gewinnerinnen bzw. Gewinnern überreicht werden (Abb. 8). An dieser Stelle ein herzlicher Dank an alle Stifter, die das ermöglicht haben.
Bewertet wurde das Seminar insgesamt als gut (Erwartungen erfüllt, von Nutzen für die tägliche Arbeit, Menge und Länge der Beiträge jeweils angemessen), wobei kritische Stimmen nicht fehlten. Dazu zählten z.B. Hinweise zu Verbesserungsmöglichkeiten bei technisch-organisatorischen Fragen, Vorschläge zu Themen für 2026 und dem Wunsch nach mehr Vielfalt.
Am Ende des Seminars zog der Teamleiter ein kurzes positives Resümee. Ein herzlicher Dank galt neben den Referenten für ihre Vorträge vor allem dem eingespielten Team für die organisatorische Vorbereitung, Durchführung sowie technische Sicherstellung des Seminars. Ohne diese ehrenamtliche Arbeit wäre so ein Seminar nicht möglich (Abb. 9)! Ebenso ein herzlicher Dank an die studentischen Helferinnen und Helfer, die vor allem den Caterer tatkräftig und umsichtig unterstützt haben.
Das Team ist stolz, dass das 25. Gleisbauseminar als erfolgreich zu bewerten ist. Wir hoffen, dass im kommenden Jahr das 26. Gleisbauseminar stattfinden kann. Geplant ist es am 13. und 14. März 2026, die Zusage der BHT liegt vor. Das vorläufige Programm wird vsl. Ende November 2025 auf der Website des BILDUNGSWERK VDV veröffentlicht, einige allgemeine Informationen evtl. schon im Herbst.
Prof. Dr.-Ing. Jörg Zimmermann
Experte Eisenbahnvermessung (Fachbereich 1),
BILDUNGSWERK VDV e.V.
Co-Autoren
Bericht Podiumsdiskussion:
Rainer Kretzschmar (Team Gleisbauseminar)
BILDUNGSWERK VDV e.V.
Bericht Exkursion AEG-Tunnel:
Bernd Haselow (Team Gleisbauseminar)
BILDUNGSWERK VDV e.V.
Bericht Exkursion Parkeisenbahn:
Robert Rausch (Team Gleisbauseminar)
BILDUNGSWERK VDV e.V.
Am 14./15.03.2025 findet das Fortbildungsseminar BW-11125 „Gleisbau 2025“ als Präsenz-Veranstaltung des Fachbereichs 1 - Ingeniergeodäsie (Fachgebiet Eisenbahnvermessung) des BILDUNGSWERK VDV in Berlin statt.
Termin: 14. / 15. März 2025
Ort: Berliner Hochschule für Technik, Berlin-Wedding
Geplante Themen (Überblick)
- AVANI (Betriebsführung, bidirektionaler Austausch mit Objektdatenbanken)
- Parkeisenbahnen (technische und rechtliche Aspekte, Exkursion)
- Großprojekte (Brenner Basistunnel, ABS Leipzig–Chemnitz)
- Nahverkehr (U3-Ring Süd in Hamburg)
- Bestandserfassung von Eisenbahninfrastruktur
- Geodätische Arbeiten für die Erneuerung von Bauwerken und Gleisanlagen
- Einbau von Hilfsbrücken
Weitergehende inhaltliche und organisatorische Informationen sind im Seminarflyer „Gleisbau 2025“ enthalten (siehe nachstehende Datei).
Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter der Deutschen Bahn können sich zum Seminar bei DB Training anmelden. Die entsprechende Hk-Nummer: Hk 7002.
Die Fortbildungsveranstaltung "Gleisbau 2025" wurde von Ingenieurkammer-Bau NRW unter der Nr. 73708 mit 10,00 Fortbildungspunkten anerkannt.
Die Anmeldung ist leider nicht mehr möglich.
Ansprechpartner für Organisation/Inhalt des Seminars:
Jörg Zimmermann, Tel.: (0351) 462-31 52
Ansprechpartner für die Anmeldung zum Seminar:
Tina Gürgen