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VDVmagazin 5/2007

* Approximation von dynamischen Bauwerksdeformationen anhand der kontinuierlichen Messung mit geodätischen Sensoren

* Untersuchungen zum Neigungsmesssystem Zeromatic

* Im Kreis Soest: Riss-Suche leicht gemacht!

* Die Rübe rollt

* Routenplaner für einen Emergency Route Service auf Basis der OpenLSTM Spezifikation

* Geometrische Modelle zur 3DAuswertung von Videosequenzen in Rohrleitungen

* Analysemöglichkeiten durch virtuellen Zusammenbau in der PKW-Fertigungsoptimierung

* Dokumentation und Visualisierung einer Tempelanlage auf Basis von Laserscanning und Photogrammetrie

* Um 1400: Geometria Culmensis

* Zum 150. Geburtstag von Prof. Louis Krüger

 

Fachteil

 

Boris Resnik

Approximation von dynamischen Bauwerksdeformationen anhand der kontinuierlichen Messung mit geodätischen Sensoren

Bei dem gegenwärtigen Stand der Technik spielt bei der Wahl des Überwachungsverfahrens zunehmend eine intensive Betrachtung der Dynamik von Baukonstruktionen eine wichtige Rolle. Durch die rasante Entwicklung der Mikroelektronik können nicht nur Sensoren im geotechnischen Bereich, wie z.B. elektrische Weggeber, Lotanlagen oder Neigungssensoren, sondern auch für die "klassischen" geodätischen Instrumente, wie motorisierte Tachymeter, GPS-Empfänger oder Digitalnivellier, im Routinebetrieb ohne einen Bediener auskommen und die Messwerte mit hohen Abtastfrequenzen liefern. Die Auswertung von erfassten extrem großen und unübersichtlichen Zeitreihen beinhaltet in der Regel die Aufbereitung von Rohdaten und Ableitung von wenigen charakteristischen und signifikanten Deformationsparametern. Während die kontinuierlichen Deformationsmessungen mit automatisierten Sensoren, von ihrer Entwicklung und Herstellung abgesehen, immer einfacher werden, erfordert ihre Auswertung umfangreiche mathematische Kenntnisse und kann unter Umständen sehr zeitaufwendig sein.

Stefan Knoblach und Michael Möser

Untersuchungen zum Neigungsmesssystem Zeromatic

Bei nahezu allen Neigungsmessungen orientiert sich das Messsystem an der lokalen Lotrichtung, die sich physikalisch als Richtung der Schwerkraft ergibt. Der Hauptbestandteil eines elektronischen Neigungssensors ist daher der mechanische Lotsensor. Dieser wird jedoch neben den zu erfassenden Neigungsänderungen auch von äußeren physikalischen Gegebenheiten, wie Temperatur, Druck und Feuchte, beeinflusst. Es ist nun zu beurteilen, inwieweit die angezeigten Neigungsänderungen tatsächliche Objektdeformationen darstellen, bzw. diese Werte durch äußere Fehlereinflüsse verfälscht sind. Diese Einflüsse zeigen sich meist in Form einer Drift der Nullpunktslage des Neigungssensors. In nahezu allen praktischen Anwendungen ist es jedoch nur schwer möglich, zwischen tatsächlicher Neigungsänderung und Drift der Nullpunktslage zu unterscheiden. Dies stellt gerade für langfristige Überwachungsaufgaben mit geringen Deformationsbeträgen ein großes Problem dar. Die Fa. Wyler AG entwickelte für solche Anwendungsfälle das zweidimensionale Neigungsmesssystem Zeromatic 2/2, welches durch regelmäßige automatische Umschlagsmessungen eine auftretende Drift des absoluten Nullpunktes kompensiert.

Peter Bentler und Heinz-Werner Scheer

Im Kreis Soest: Riss-Suche leicht gemacht!
Georeferenzierte Ablage der Fortführungsrisse und Recherche im GIS

Neben den Vormigrationsarbeiten in Hinblick auf ALKIS ist die Umstellung des analogen Rissarchivs auf eine digitale Führung eine der Schwerpunktaufgaben des Katasteramtes Soest.

Die Katasterämter waren seit jeher bestrebt, effizient und kostengünstig zu arbeiten. Optimierungen sind dennoch weiter angesagt. Ein Problem stellte das rationelle Heraussuchen der benötigten Kopien der Vermessungsrisse und der weiteren Unterlagen dar.

Da beim Kreis Soest kein Vermessungsregister vorlag, musste nach anderen Möglichkeiten gesucht werden. Schnelle, selektive Zugriffe sollten dabei nicht nur anhand von Sachinformationen, sondern insbesondere auch über geometrische Informationen möglich sein. Denn alle Dokumententypen aus dem Katasterbereich, wie Fortführungsrisse, Festpunktnachweise, Stückvermessungsrisse, Urrisse und Grenzniederschriften verbindet allgemein der geometrische Lagebezug. Daraus ergibt sich die Forderung, nach den Dokumenten über ihren Orts- oder Lagebezug recherchieren zu können. Hierfür bietet sich der Einsatz eines Geografischen Informationssystems (GIS) im Bereich des Katasteramtes an.

Moritz Wurm

Die Rübe rollt
Mit BetaGIS mobil in die Zuckerfabrik

Wie in jedem Jahr rollen auch in diesem Herbst von September an im Rheinland, in Westfalen, der Magdeburger Börde und vielen anderen Regionen Deutschlands mit Zuckerrüben (botanisch Beta vulgaris) beladene LKWs über die Straßen, um die Zuckerfabriken zu beliefern. Der logistische Aufwand von der Planung dieser Rübenkampagne über die Verladung der geernteten Rüben am Feldrand bis hin zum Transport in die Werke ist erheblich. Um einen kompletten digitalen Datenfluss zwischen den Beteiligten zu ermöglichen, hat die iNovaGIS oHG die Software BetaGIS mobil entwickelt. Auftraggeber ist die Speditionsgesellschaft Zutra, die als Tochter-Firma des Zuckerproduzenten Pfeifer & Langen - bekannt durch die Marken Kölner Zucker und Diamant Zucker - für dessen Logistik zuständig ist. Zielgruppe von BetaGIS mobil sind die Rüben verladenden Unternehmen, denen ein Werkzeug zur Planung der Kampagne sowie zum Einsatz auf den Verlademaschinen an die Hand gegeben wird. Die Software ist seit 2006 bei über 30 dieser Unternehmen im produktiven Einsatz. Jährlich werden mit dem System rund 2 Mio. Tonnen Rüben verladen.

Pascal Neis

Routenplaner für einen Emergency Route Service auf Basis der OpenLSTM Spezifikation

Damit Einsatzkräfte (z.B. Feuerwehr, Polizei oder Notarzt) möglichst schnell zu ihrem Einsatzort kommen, ist ein Routenplaner von sehr hoher Bedeutung. Nur was tun, wenn die Fahranweisungen und die dazugehörige Karte die Lebensretter geradewegs in ein nicht passierbares Gebiet oder auf eine nicht befahrbare Straße führen?

Viele Menschen kennen gewöhnliche Routenplaner durch Navigationssysteme im Auto oder Personal Digital Assistant (PDA) und aus dem Internet. Mit der OpenLS Spezifikation können wahrscheinlich die Wenigsten etwas anfangen, geschweige denn mit einem Emergency Route Service (ERS). Letzterer Begriff kann wie folgt kurz erklärt werden: Ein ERS entspricht einem normalen Route Service (vergleichbar mit einem Routenplaner wie es sie zahlreich im Internet gibt), aber mit der Besonderheit, dass bei der Ermittlung der Route aktuelle Gefahrengebiete oder Straßensperrungen berücksichtigt und umfahren werden können.

(VDV-Preis 2007/1. Preis)

Folkmar Bethmann

Geometrische Modelle zur 3DAuswertung von Videosequenzen in Rohrleitungen

Globale Pipelinesysteme sorgen tagtäglich für eine effiziente Verteilung von Energiekapazitäten und damit für die weltweite Absicherung des Primärenergiebedarfs. Die Verwendung hoher Nenndrücke für den Transport flüssiger oder gasförmiger Medien führt zu einer hohen Beanspruchung des Pipelinematerials, Bewegungen des Erdreiches und Arbeiten im Tiefbau stellen ein besonderes Gefährdungspotential für die Pipeline dar. Zur Maximierung der Betriebssicherheit und zur Minimierung der Gefährdung für Mensch und Umwelt sind regelmäßige Inspektionen erforderlich.

Eine Methode der Pipelineinspektion ist die Inline-Inspektion, bei der ein Inspektionstool zusammen mit dem zu befördernden Medium durch die Pipeline gepumpt wird. In Ergänzung zu bereits einsatzfähigen, meist auf komplexen physikalischen Verfahren beruhenden und oft sehr teuren Methoden der Inline-Inspektion wird in der vorliegenden Diplomarbeit die Möglichkeit des Einsatzes von Methoden der Nahbereichsphotogrammetrie zur optischen Inline-Inspektion für Leitungen mit transparenten Medien untersucht. Ziel ist die 3D-Detektion von Schadstellen und Deformationen sowie die 3D-Vermessung von Installationen. Bei der Aufnahme digitaler Videosequenzen im Rohr führen Relativbewegungen zwischen Aufnahmesystem und Objekt sowie eingeschränkte Möglichkeiten der Bildanordnung zu einer besonderen Situation der Bildaufnahme.

(VDV-Preis 2007/2. Preis)

Simone Morlock

Analysemöglichkeiten durch virtuellen Zusammenbau in der PKW-Fertigungsoptimierung

In der PKW-Fertigungsoptimierung können Passungenauigkeiten beim Zusammenwirken der Bauteile und Prozesse oftmals nicht frühzeitig erkannt werden. Als Abhilfe soll der virtuelle Zusammenbau (VZB) zum Einsatz kommen. Der virtuelle Zusammenbau ist das Zusammenfügen von flächenhaft digitalisierten Bauteilen am Computer. Er ermöglicht die Integration von Messdaten, CAD-Daten und Spezifikationen. Es können Kombinationen von Messdaten aus verschiedenen Quellen für die Analyse benutzt werden. Es sind erweiterte Analysemethoden (Einpassung, Dichtheit, usw.) möglich, die zuvor teilweise nur erschwert darstellbar waren. Dadurch entstehen viele Möglichkeiten, um Bauteile auf ihre geometrischen Probleme zu analysieren. Zusätzlich liefert der virtuelle Zusammenbau eine Problemdarstellung direkt in der 3D-Ansicht. Dies führt zu einer übersichtlichen Visualisierung und Dokumentation der Ergebnisse über das Bauteil. Der Nutzer hat die Möglichkeit, über den virtuellen Zusammenbau frühzeitig Probleme am Bauteil zu erkennen und kann dadurch Kosten sparen.

(VDV-Preis 2007/3. Preis)

Nicole Obertreiber und Volker Stein

Dokumentation und Visualisierung einer Tempelanlage auf Basis von Laserscanning und Photogrammetrie

Im Rahmen einer Diplomarbeit am Fachbereich Vermessungswesen und Geoinformatik der Fachhochschule Bochum in Kooperation mit den Universitäten Köln und Tübingen ist der terrestrische Laserscanner Imager 5003 der Firma Zoller + Fröhlich zur Erfassung einer Tempelanlage eingesetzt worden. Die beiden Technologien, Photogrammetrie und Laserscanning, sind zur großflächigen geometrischen Dokumentation und Visualisierung dieser Tempelruine genutzt worden. In diesem Beitrag wird der Projektablauf von der Datenerfassung bis zur Visualisierung am Beispiel des Sanktuars (Allerheiligstes, Aufbewahrungsort der Götterbarke) dargestellt. Zudem wurden Trümmerstücke, die sich auf dem Tempelgelände befanden, auf Basis von 3D-Triangulationen als repräsentatives 3D-Modell erstellt.

Helmut Minow

Um 1400: Geometria Culmensis
Eine Anleitung für Landmesser im Preussenlande

Der Deutsche Orden hatte seit der Übertragung des Kulmer Landes und der danach erworbenen Gebiete stets "Grundstücks-Transaktionen" vorgenommen. In einer Urkun¬de aus dem Jahre 1258 wird von Vermessungen an der Grenze des Bistums Samland berichtet. Aus den zeitgenössischen Quellen folgt, dass die Bestimmung von Grenzen neuer Grundstücke durch Landmesser oder durch entsprechend geschulte Ordensbrüder durch¬geführt wurden. Eine Tätigkeit messkundiger Personen war notwendig; denn es wurden auch Eindeichungen, Flussbegradigungen und andere Wasserbauarbeiten vorgenommen sowie Befestigungsanlagen errichtet. Aus dem Rechnungsbuch des Schatzmeisters von Marienburg für die Jahre 1399-1409 geht hervor, dass die Feld¬messer ("Messer") zu den Dienern des Ordens gehörten und für ihre Tätigkeit bezahlt wurden.

Hans Weise

Zum 150. Geburtstag von Prof. Louis Krüger

Unter den verschiedenen Koordinatensystemen mit denen ein Geodät im Laufe seiner beruflichen Arbeit konfrontiert wird, sind wohl die Gauß-Krüger-Koordinaten jene, die seine fachliche Arbeit am stärksten prägen. Die Entstehungsgeschichte dieser genialen Entwicklung und insbesondere der Bezug zu Carl Friedrich Gauß, der in der Bezeichnung dieses Koordinatensystems zum Ausdruck kommt, sind in unserer schnelllebigen Zeit jedoch weniger bekannt. Es ist die 150. Wiederkehr des Geburtstages von Professor Louis Krüger, die Anlass gibt, sein wissenschaftliches Werk in gebührender Form zu würdigen.