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Goldenes Lot 2008 für Arved Fuchs

Mit dem GOLDENEN LOT, der höchsten Auszeichnung des VDV, wurde der Polarforscher Arved Fuchs am 17. Oktober 2008 im Blauen Salon der KölnMesse in Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste sowie des VDV-Präsidiums und -Bundesvorstandes geehrt. Seit 1990 erhalten einmal im Jahr herausragende Persönlichkeiten, die sich in besonderer Weise „mit ihrem persönlichen Einsatz, ihrem Wissen und ihrer stetigen Ausdauer und Geduld im Verband Deutscher Vermessungsingenieure e. V., in Wissenschaft und Forschung, in Wirtschaft und Technik sowie im öffentlichen Leben ausgezeichnet haben“ das von Dipl.-Ing. Wolfgang Kramer (Köln) gestiftete GOLDENE LOT.

Termin:  16.10.2008 02:00 Uhr
Ort: Köln

Unter den Ehrengästen begrüßte VDV-Präsident Wilfried Grunau besonders den Preisträger 2008, Arved Fuchs, die Lotpreisträgerin 2007 und diesjährige Laudatorin Prof. Dr. Rita Süssmuth, die Lotpreisträger vergangener Jahre, VDV-Ehrenpräsident Wolfgang Beicken, den ehemaligen OB der Stadt Köln, Dr. Norbert Burger, Prof. Dr. Giorgio Poretti, ESA-Astronaut Dr. Ulf Merbold, Prof. Dr. Manfred Bonatz und Dr. Michael McKay, sowie die Ehrengäste Bürgermeister Josef Müller, DDGI-Präsident Dipl.-Ing. Udo Stichling, ZBI-Vizepräsident Dipl.-Ing. Heinz Leymann, Dipl.- Ing. Dieter F. Märtens, Verwaltungsrat Spitzenverband Bund der Gesetzlichen Krankenkassen, Dipl.-Ing. Eberhard Ziem (DVW-Präsidium), DGfK-Präsident Dr. Peter Aschenberner, Prof. Dr. Manfred Weisensee (Vizepräsident der FH Oldenburg/ Ostfriesland/ Wilhelmshaven und wissenschaftlicher Berater des VDV), des Weiteren die VDV-Ehrenmitglieder Dipl.-Ing. Manfred Gombel und Dipl.-Ing. Hans Soest. Ein besonderer Dankes-Gruß galt auch dem Stifter des GOLDENEN LOTES, Dipl.-Ing. Wolfgang Kramer, der mit dem VDVBezirksteam Köln wieder die Organisation der Festveranstaltung mit übernommen hatte.

 

Josef Müller, Bürgermeister der Stadt Köln, wies u. a. in seinem Grußwort auf den Stellenwert des Themas Klimaerwärmung hin: „Ich danke auch persönlich Herrn Arved Fuchs im Namen meiner Kinder und Enkelkinder – ich begrüße es sehr, dass Sie hier in Köln ausgezeichnet werden“.

 

Dipl.-Ing. Udo Stichling, Präsident des Deutschen Dachverbandes für Geoinformation DDGI, gab an Arved Fuchs gerichtet zu bedenken: „Geoinformation hat wesentlich dazu beigetragen, dass Sie den Nord- bzw. Südpol erreicht haben. Die Geoinformation Deutschland habe eine Vorreiterrolle in Europa“, so der DDGI-Präsident in seinem Grußwort.

 

Dipl.-Ing. Heinz Leymann, Vizepräsident des Zentralverbandes der Ingenieurvereine ZBI und Bundesvorsitzender des Verbandes Ingenieure für Kommunikation IfKom stellte den ZBI als drittgrößten Dachverband für Ingenieure, neben dem VDI und dem VDE, vor: „Der ZBI nimmt Einfluss auf die Gesetze der Länder und sucht den Dialog mit Politik und Wirtschaft“, unterstrich der ZBI-Vize die Bedeutung des Zentralverbandes.

 

Dipl.-Ing. Dieter F. Märtens, Vorstandsmitglied der deutschen Rentenversicherung und Mitglied des Verwaltungsrates Spitzenverband Bund der Gesetzlichen Krankenkassen dankte wie zuvor Heinz Leymann dem VDV für das gesellschaftliche Engagement weit über die Kernaufgaben eines Berufsverbandes hinaus. Auch er beglückwünschte den VDV zu dieser herausragenden Veranstaltung.

 

VDV-Präsident Dipl.-Ing. Wilfried Grunau stellte in der Begründung, warum Arved Fuchs mit dem GOLDENEN LOT ausgezeichnet wird, die ingenieurtechnischen Möglichkeiten in einen gesellschaftlichen umweltrelevanten Zusammenhang:

 

Statt zu lamentieren, selbst aktiv werden

„Der Klimawandel ist derzeit in aller Munde und wird häufig als das größte Problem des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Längst hat sich auch der Klima- und Umweltschutz von seinem früheren rein ökologischen Umfeld gelöst und steht nun im Zentrum wirtschaftspolitischer Diskussionen. Das zentrale Problem wird von Fachleuten im raschen Bevölkerungswachstum der Industrienationen und dem daraus resultierenden Verbrauch einer schier unübersehbaren Menge an Energie und Rohstoffen gesehen. Plötzlich steht also das Klimaproblem ganz oben auf der politischen Agenda, aber eben nicht nur aus Gründen des Umweltschutzes sondern auch, weil weltweit die Sorge um den Energienachschub wächst. Mehr als je zuvor sind deshalb gerade die Ingenieure bei ihrer Arbeit gefordert, die Wechselwirkungen von Mensch, Technik und Umwelt einzubeziehen und Ökologie und Ökonomie zu verbinden.

Schon immer hat gegolten, dass der Mensch nicht alles darf, was er kann. Das gilt natürlich auch unabhängig von Technik. Seit den Anfängen menschlicher Kultur haben Moral und Sitte den Raum möglicher Handlungen zu dem Raum möglicher und legitimer Handlungen eingeschränkt. Moral erleichtert Entscheidungen über Handlungsabläufe und stellt Handlungsregeln bereit, die das Leben in den allermeisten Situationen erheblich vereinfachen.

Problematisch wird es immer dann, wenn es nicht nur mehrere Handlungsmöglichkeiten gibt, sondern auch verschiedene Orientierungsmöglichkeiten für deren Entscheidung. Ethik hat, als Reflexionstheorie von Moral, „die jeweils herrschende Moral kritisch zu prüfen sowie Formen und Prinzipien rechten Handelns zu begründen“, sagt dazu der Tübinger Philosoph Ottfried Höffe. Erschwert wird diese ethische Reflexion allerdings durch die Tatsache, dass die Konsequenzen von Handlungen heute sehr viel schwieriger zu übersehen sind als früher, was im Wesentlichen zwei Gründe hat:

Zum einen lassen sich die Folgen einzelner, im Gesamtzusammenhang technischen Handelns vorgenommener Handlungen aufgrund der Arbeitsteiligkeit unserer Gesellschaften mitunter schwer überblicken. Technik wird entwickelt und eingesetzt, um bestimmte Ziele zu verwirklichen. Diese Ziele werden aber in einer arbeitsteiligen und technisierten Welt nicht mehr von einem einzelnen Akteur erreicht, sondern erfordern die Kooperation und Vermittlung zahlreicher Handelnder. Unter diesen Bedingungen ist das technische Handeln meist das Ergebnis einer Kette von Aktionen und Handlungen Einzelner.

Zum anderen sind die Folgen technischen Handelns aufgrund verschiedenster, zum Teil weltweiter Vernetzungen oft nicht genau zu kalkulieren. Es ist geradezu zum Zeichen der Zeit geworden, dass verschiedenste Regionen unseres Planeten sowie verschiedenste Sektoren, Bereiche und Akteure unserer Gesellschaften vernetzt werden, was mit dem Stichwort Globalisierung nur unvollkommen beschrieben wird. Realsymbole für diese Vernetzung sind z.B. das Internet und die neuen Kommunikationstechnologien. Doch auch durch Massentourismus oder zwischenstaatliche Assoziationen (zum Beispiel Europäische Union) wachsen verschiedenste Regionen der Erde sowie verschiedenste gesellschaftliche Bereiche zu einem globalen System zusammen.

Obgleich es selbstverständlich immer schon unmöglich war, sämtliche Folgen einer Handlung in die ethische Reflexion einzubeziehen, sind die Folgen technischen Handelns in unserer hochgradig vernetzten und komplexen Welt ungleich schwieriger abzuschätzen als früher. Alle wollen eine bestimmte Technologie, aber keiner will die unerwünschten Begleiterscheinungen spüren müssen. Das Ausmaß der Nebenfolgen technischen Handelns hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten aber derart zugenommen, dass diese in der Summe zu einem globalen Wandel, zu einer dauerhaften Veränderung der Lebensbedingungen im Kultur-Naturraum Erde führen.

Die Leitfrage, die hier und heute sicherlich nicht beantwortet werden kann, könnte man wie folgt formulieren: Welche Techniken leisten unter welchen Bedingungen welchen Beitrag zu einem guten Leben in einer zukunftsfähigen Gesellschaft auf einer lebenswerten Erde?

 

Mit dem GOLDENEN LOT zeichnet der VDV Persönlichkeiten aus, deren Haltung zu bewundern ist und denen unser Berufsstand sich im Geiste verbunden fühlt: für den Mut, Fragen zu stellen und nach Antworten zu suchen. Arved Fuchs zeichnet sich dadurch aus, dass er stets und wie kein Zweiter für seine Überzeugungen eintrat und eintritt. Einer, der in zahlreichen Aktionen und Publikationen öffentlich denkt. Mit hoher Sensibilität spürt er Themen auf, die die Gesellschaft bewegen. „Man kann nicht über Klimawandel lamentieren und irgendwelche Schuldzuweisungen treffen, ohne auch selbst aktiv zu werden“, hat er kürzlich der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gesagt. Arved Fuchs zeichnet sich dadurch aus, dass er unsere Denk- und Handlungsweisen durchleuchtet und gängige Verhaltensweisen hinterfragt. Sich selbst sieht er als Chronisten seiner Expeditionen. Wir alle werden dadurch angeregt, die großen umweltpolitischen Herausforderungen der Gegenwart endlich in Angriff zu nehmen. Sehr geehrter Herr Fuchs, der VDV ist sehr stolz darauf, Ihnen heute seine höchste Ehrung zu überreichen: Das GOLDENE LOT 2008“.

 

Laudatio: „Pflegt und hegt diese Welt“

Als Vorjahres-Lotpreisträgerin hielt Prof. Dr. Rita Süssmuth, Bundestagspäsidentin a.D., die Laudatio an den „Polarforscher und Menschen“ Arved Fuchs. Vorab dankte sie dem „Ur-Kölner“ Wolfgang Kramer, dem „eigensinnigen und initiativreichen“ Stifter des GOLDENEN LOTES.

In ihrer Laudatio lenkte Rita Süssmuth den Blick auf den Stellenwert der Entwicklung der Persönlichkeit: „Die Einseitigkeit des Messens bringt uns nicht weiter – die Breite suchen und nicht auf engen Bahnen bewegen“. Möglichkeiten und Grenzen erkennen, dies sei auch für sie als Christin eine stete Herausforderung. „Pflegt und hegt die Welt“ ist schon im alten Testament nachzulesen, so die Laudatio. Wie also sind die Wechselwirkungen zwischen Klima und Wirtschaft, wie die Folgen von Technik abzuschätzen? Was schließlich bewegt den „jungen Menschen Arved Fuchs, Jahrgang 1954“, sich für das Feld der Polarforschung zu interessieren? – ein biographischer Annäherungsversuch:

Der Polarforscher Arved Fuchs wurde in Bad Bramstedt geboren und studierte, nach der Ausbildung bei der Handelsmarine, Schiffsbetriebstechnik in Flensburg. Nach seinem Studium machte er sich selbstständig und bereits im Jahre 1977 folgte seine erste Expedition mit einfachsten Mitteln und einem indianischen Kanu in Kanada. Es folgten weitere Expeditionen in Borneo und Grönland, bevor er 1980 den ersten Versuch startete, um den Nordpol zu erreichen, aber scheiterte. In den Folgejahren schließen sich weitere Expeditionen in Kanada und Grönland an. 1984 gelingt ihm die erste und bis heute einzige Winterumrundung des Kap Hoorns mit einem Faltboot. Im Jahre 1989 gab es einen neuen Höhepunkt seiner Expeditionen. Unter extremen Bedingungen (–52°C) erreicht er über das Packeis den geographischen Nordpol. Noch im gleichen Jahr erreicht Arved Fuchs zusammen mit Reinhold Messner den Südpol und hat damit als erster Mensch in einem Jahr den Nord- und Südpol auf Skiern erreicht. Es folgten weitere Expeditionen auf den historischen Routen der Nordwestpassage und der Nordostpassage. Weiterhin folgte Arved Fuchs der „2. Deutschen Nordpolexpedition (1869/70)“ und der „Peary-Expedition (1906)“ teilweise auf Segelschiffen, Hundegespannschlitten oder auf Skiern. Es ist ihm auch ein Anliegen, die Schwierigkeiten aufzuzeigen, die frühere Expeditionen im 19. und 20. Jahrhundert bereits durchlebt haben.

An die Biographie anknüpfend plädierte Prof. Dr. Rita Süssmuth leidenschaftlich für konsequenteres Umweltbewusstsein und Handeln: „Nicht warten bis uns das Wasser bis zum Halse steht. Vorsicht vor falschen Beruhigern“. Die Botschaft des Preisträgers ist hierzu beeindruckend: „Hautnah und nachvollziehbar beschreibt Arved Fuchs, wie er die Menschen erreicht, ohne sie ohnmächtig zu machen. Geben Sie nicht auf zu handeln, um zu mahnen“, so der in Dank gefasste Appell der Laudatorin – mit großem Beifall der Festrunde bedacht.

 

Das Neue wagen um der Zukunft willen

Arved Fuchs, Polarforscher und Lotpreisträger 2008, stellte in seiner Dankesansprache nach der Verleihung die Vermessung der Welt in einen notwendigen Sinnzusammenhang und bezog sich beispielgebend auf die Forschungsaktivitäten, die in dem gleichnamigen Bestseller so lebendig beschrieben werden. War für ihn z. B. 1984 der Sextant und die Winkelmessung mit Bleistift ein wichtiges Instrumentarium, war er dann doch froh als später die „Wunderkästen“ (GPS) zum Einsatz kamen. Allerdings habe man sich so ein wenig von der Natur entfernt und dem technokratischen Blickwinkel hingegeben. Dennoch gelte auch für einen Polarforscher: „Pioniergeist gehört zu Expeditionen. Doch wer nie aufgebrochen ist, weiß nicht wie schön es ist, nach Hause zu kommen“ .Zu beklagen sei, „dass uns die Humboldt’-sche Sichtweise abhanden gekommen ist: – die Natur kann ohne uns, wir aber nicht ohne die Natur“, gab der Preisträger zu bedenken. „Nicht warten bis das Kind in den Brunnen gefallen ist, wie aktuell beim Börsencrash, sondern das Neue wagen um der Zukunft willen“, gab Arved Fuchs bei Standing Ovations mit auf den Weg.

Bei den sich dem Buffet anschließenden Tischgesprächen berichteten in lockerer Form traditionsgemäß die Lotpreisträger der Vorjahre über ihre beruflichen oder auch privaten Ambitionen.