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Führung durch das größte Kernkraftwerk-Simulator Zentrum der Welt

Termin:  13.06.2013 15:45 - 19:00 Uhr
Ort: Deilbachtal 173, 45257 Essen-Kupferdreh

Am 13.06.2013 wurde ein Besuch des Simulatorzentrum KSG/GFS mit 18 Teilnehmern aus dem Bereich des VDV-Bezirkes Essen durchgeführt [Bild1].

 

 

Die Veranstaltung hat bei allen einen starken Eindruck hinterlassen. Wir wurden von Herrn Dipl.-Ing. Andreas Jennen, einem Simulatorausbilder, sehr ausführlich und umfassend über den Sinn und die Aufgaben des Zentrums informiert.

 

 

Die Bezeichnungen KSG stehen für Kraftwerks-Simulator-Gesellschaft und GfS für Gesellschaft für Simulatorschulung. Das Zentrum wird von den vier großen Energiekonzernen aus Deutschland und einem Kraftwerksbetreiber aus den Niederlanden betrieben.

 

 

Herr Jennen hat uns als erstes die technischen Möglichkeiten der Kraftwerkssicherheit erläutert. Dabei wurde deutlich, dass die deutschen KKW’s mit einer vierfachen Sicherheit ausgelegt sind. Das heißt, alles was zur Sicherheit und zum Handling eines Kraftwerkes (nicht nur im Notfall sondern auch während des Fahrbetriebs) benötigt wird, ist vierfach vorhanden und wird ständig auf ordnungsgemäßen Zustand überprüft. Das ist leider in anderen Ländern wie zum Beispiel bei den Reaktoren in Fukushima nicht der Fall.

 

 

Interessant war auch der Hinweis, dass in deutschen Druckwasserreaktoren die Reaktordruckbehälter so angeordnet sind, dass sie unterhalb der Ebenen der Dampferzeuger liegen [Bild 2]. Das bedeutet laut Aussage von Herrn Jennen, das selbst beim Totalausfall der gesamten Stromzufuhr im Kraftwerk ein Naturumlauf (wie bei der Schwerkraftheizung) entsteht, der die Kühlung gewährleistet, und dadurch eine Kernschmelze verhindert, solange die Dampferzeuger in letzter Instanz mit Wasser bespeist werden (z.B. durch Feuerlöschpumpen).

 

 

Die hauptsächliche Aufgabe des Simulatorzentrums ist die Ausbildung des Kraftwerkspersonals. Es werden dabei nicht nur die technischen sondern auch die psychischen Anforderungen der Kraftwerksfahrer solange geschult, bis die notwendigen Maßnahmen in einem Störfall in Fleisch und Blut übergehen. Dies geschieht, damit Angstblockaden in einem Störfall unterbleiben und so Fehlreaktionen vermieden werden.

 

Herr Jennen demonstrierte unter anderem, was passiert, wenn die Leitung zwischen Reaktor und Dampferzeuger abreißt. Dann übernehmen zunächst Schutzsysteme die Einleitung der notwendigen Maßnahmen. Das Personal hat in einem solchen Fall mindestens 30 Minuten Zeit zu analysieren und entsprechende Maßnahmen der Schutzeinrichtungen zu überwachen und zu dokumentieren. Dazu hilft auch ein Störfallentscheidungsbaum, der dem Personal auf einem Bildschirm angezeigt wird. Der Reaktor ließe sich auch nur dann wieder hochfahren, wenn alle Störungen behoben sind [Bild 3].

 

 

Wenn man bedenkt, dass es einen solchen Störfall in Deutschland noch nie gegeben hat und mit welcher Intensität trotzdem alle Möglichkeiten durchgespielt werden, kann man es schwer verstehen, wenn es Anfeindungen gegenüber Kraftwerkspersonal von Leuten gibt, die aus ideologischen Motiven argumentieren.

 

 

Unsere Gruppe hat jedenfalls den Eindruck gewonnen, dass in Deutschland der Betrieb von Kernkraftwerken sicherer ist als in den meisten anderen Ländern.

 

 

Trotzdem haben wir noch über die Problematik der Kernenergie gesprochen. Um nicht den Eindruck zu erwecken, dass man dieser Technik völlig kritiklos gegenüber steht, hat Herr Jennen zugestanden, dass diese Technik auch wegen der ungelösten Frage der Entsorgung hinterfragt werden muss. Die Entscheidung sich von der Kernenergie zu verabschieden, hätte er sich allerdings geplanter und nicht so überstürzt, wie nun bei uns angedacht bis 2022, gewünscht. Er gab zu bedenken, dass auch an abgeschalteten Blöcken und an das dort verbleibende Personal weiterhin hohe Sicherheitsanforderungen gestellt werden, die es zu berücksichtigen gilt. Darüber hinaus ist ab einem gewissen Punkt ohne bestehende Endlagermöglichkeiten nicht klar, wie dann Kraftwerke weiter zurück gebaut werden können.

 

Herr Jennen hat noch einen interessanten Aspekt für die Lagerung von Brennstäben aufgezeigt. Aus der Sicht von Ressourcenerhalt muss man darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, die abgebrannten Brennstäbe ohne Rückholoption zu vergraben oder in der Hoffnung auf zukünftige Technologien in Castoren unter ständiger Kontrolle zu lagern. Man könne nicht wissen, ob in Zukunft effektivere Wiederaufbereitungsverfahren zur Anwendung kommen können, um diese wertvollen Rohstoffe zurückzugewinnen oder mit der Technologie der Transmutation den langlebigen Atommüll in kurzlebige Isotope zu verwandeln.

 

Alles in allem hat vielen von uns dieser Besuch gezeigt, dass einseitige Betrachtungsweisen zur Problematik der Kernenergie von Politik und Medien wohl auch alternative Lösungen verhindern. Es ist leider so, dass bei uns Technik nicht mehr den Stellenwert hat, dass Lösungsvorschläge aus diesem Bereich gefragt sind. Vieles wird einfach nur emotional und auf politischer Ebene interessengesteuert behandelt. Dies kann man natürlich als die Betrachtungsweise eines Ingenieurs abtun; aber nichts desto trotz sollte man sich damit auseinander setzen.

 

Wir wünschen dem Personal des Simulatorzentrums alles Gute für die Zukunft und hoffen, dass auch für die letzten Jahre des Bestehens ihre anspruchsvolle Aufgabe erfolgreich bewältigt wird.