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Impressionen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE)

Termin:  16.12.2009 19:00 Uhr
Ort: Hotel Berghof, Lehrhohl 38, 56077 Koblenz-Allerstein

Die Wüste kommt an den Mittelrhein – eine Nachlese zum Jahresabschluss des VDV-Bezirks Koblenz


Im Grunde gar nicht weihnachtlich, aber ein wunderbarer Kontrapunkt zum winterlich kalten Deutschland, so lässt sich der Jahresabschluss des Bezirks Koblenz überschreiben.
Über 20 Teilnehmer folgten gespannt den gleichermaßen spannenden wie umfangreichen Informationen, die Dipl.-Ing. (FH) Lutz Röpel aus den Vereinigten Arabischen Emiraten mitbrachte.
Nach gut 18 Monaten in der Wüste, war unser Kollege mal wieder auf Heimaturlaub und entführte uns, umrahmt mit vielen Bildern nach Dubai - das Emirat der Superlative, welches spätestens seit der jüngst erfolgten Einweihung des 828 m hohen “Burj Chalifa“ auch bei uns in aller Munde ist!

 
Ganz so hoch sind die bisherigen Baustellen des Kollegen zwar nicht gewesen, aber als Angestellter eines Hamburger Vermessungsbüros bilden für Lutz Röpel Kontrollmessungen bei Tower-Bauten in Dubai und Abu Dhabi dennoch einen Schwerpunkt seiner dortigen Tätigkeit. Schalungen und Pfeiler sind auf Solllage zu kontrollieren; Stockwerke durch Treppenhausnivellements auf die Sollhöhen zu überprüfen. 299 m betrug seine bisherige Höchstmarke - umso beachtlicher bedenkt man, dass diese Höhe beim Nivellement zu Fuß bei bis zu 50°C zu absolvieren ist!
Zu Recht hoch aufgehängt wird auch die Sicherheit auf den Baustellen. Zahlreiche Sicherheitsleute kontrollieren die Arbeitsschutzbestimmungen wie Helmpflicht oder Gurtsicherung gegen Abstürze. Verstöße werden u.a. durch einen Aushang mit einem Bild des Betroffenen auf der Baustelle geahndet - ob ein solches Anprangern bei uns auch Wirkung zeigen würde?
Neben den Towern waren zahlreiche andere Aufgabenstellungen aus dem Bereich der Ingenieurvermessungen in der Wüste zu erledigen: Trigonometrische und nivellitische Höhenübertragungen an einer Brücke über einen Meeresarm in Abu Dhabi, die Einrichtung von Produktionsstraßen für eine Betonfabrik und die Fassadenvermessung an einer der neuen Dubai-Metro-Stationen. Hier galt es mehrere hundert Metallbolzen millimetergenau und 3-dimensional auszurichten, die die Fassadenteile aufnehmen sollten.
Auch kuriose Aufträge gab es zu erledigen, wie etwa die Aufnahme eines Höhenrasters über eine mehrere 1000m² große Wüstenfläche – allerdings völlig eben!?
Zahlreiche weitere Eindrücke der für uns doch fremden Kultur und Lebensgewohnheiten rundeten den Vortrag gelungen ab: Etwa die Berichte über klimatisierte Bushaltestellen, die in Haft genommenen Autos nach Überfahren einer roten Ampel – Fahrer und Führerschein bleiben auf freiem Fuß oder der Personenkult rund um den Scheich von Dubai. Dieser versorgt seine Einwohner mit Steuerfreiheit und geschenkten Immobilien und Autos zur Hochzeit. Bei solcher Fürsorge würde sicher auch Angela Merkel vergöttert?
Die Schattenseite der Medaille? Dubai hat derzeit bekanntermaßen unter der Finanzkrise zu leiden und zahlreiche Vorhaben liegen auf Eis oder wurden, wie das Inselprojekt „The World“ - eine geplante, künstlich aufgeschüttete Insel in Nachbildung der Erde - vorerst eingestellt. Die Immobilienpreise sind durch das enorme Angebot an Wohn- und Büroräumen gefallen und das Nachbaremirat Abu Dhabi hat mittlerweile die Finanzierung einer Vielzahl von Projekten übernommen - auch das höchste Gebäude der Welt, müsste zutreffender „Turm von Abu Dhabi“ heißen, da der Scheich von Abu Dhabi den Turm finanziell gerettet hat.
Kein Ausländer hat die Chance auf eine Einbürgerung, man schätzt Know-How und Arbeitskraft, aber nicht unbedingt die Arbeiter und die Arbeit. Einheimische finden sich daher auch auf keiner Baustelle und sind überwiegend mit Posten in der Verwaltung des Landes versorgt. Ingenieure und Know-How kommen vielfach aus den westlichen Ländern. Die gesamte „Man-Power“ kommt in Gestalt vieler tausender Arbeiter auf den 

Baustellen des Landes daher, überwiegend aus Indien, Pakistan und Bangladesch mit 7-Tage Woche im Arbeitercamp – allerdings mit deutlich besseren Verdienstmöglichkeiten als in ihrer Heimat!
Mit dem Arbeitspensum einer 6-Tage-Woche und mit rund 100 Überstunden im Monat ist aber auch für Lutz Röpel jeder Euro hart verdient. Selbst am freien Tag in der Woche, dem Freitag, muss oftmals gearbeitet werden, so dass für Freizeitaktivitäten kaum Zeit bleibt und die Arbeit sehr dominierend ist.
Gute Gespräche und Diskussionen auch über die heimatlichen Themen der vermessenden Zunft rundeten den Abend ab und führten mal wieder zum Fazit, dass sich die aktive Teilnahme an Verbandsaktivitäten immer lohnt!

 

Tilo Groß